In der vorangestellten Grafik wird der (geglättete) Verlauf eines Corona-Abwasserindikators sowohl für Gesamtösterreich als auch für jedes Bundesland dargestellt. Sie beginnt mit September 2021, dem Startzeitpunkt des bundesweiten Schulstandortmonitorings. Der Österreich-Trend ergibt sich als bevölkerungsgewichtetes Mittel der Bundesländerentwicklungen. Bis Ende August 2022 wurden auch die Daten aus dem Schulstandortmonitoring berücksichtigt. Mit dem Ende des Schulstandortmonitorings wurden mit 1.9.2022 nur noch Daten aus dem Nationalen Awassermonitoringprogramm (24 Anlagen) verwendet. Diese strukturelle Änderung zeigt sich in der Grafik durch die Bruchstelle im Verlauf. Da im Rahmen des Schulstandortmonitorings bundeslandspezifisch unterschiedliche Labors die Abwasseranalysen durchgeführt haben, führte dies u.a. auch zu mehr Streuung zwischen den einzelnen Bundesländern. Mit Anfang September 2022 ist dieser Effekt reduziert, da im Nationalen Monitoringprogramm nur ein zentrales Labor tätig ist. Im Dezember 2022/Jänner 2023 wurde das Monitoringprogramm auf insgesamt 48 Kläranlagen ausgebaut, die mit ihrem Einzugsgebiet mehr als 58% der österreichischen Bevölkerung abdecken. Mit 1.2.2023 finden sich die Daten und Ergebnisse aller am Nationalen Monitoringprogramm teilnehmenden 48 Kläranlagen.
Im Rahmen des Nationalen Abwassermonitoringprogramms des BMSGPK werden regelmäßig Abwasserproben von strategisch ausgewählten Kläranlagen ausgewertet. Dabei wird die Virenfracht ermittelt. Aus den in den einzelnen Kläranlagen/Regionen erhobenen Frachten wird durch Addition eine Gesamtfracht ermittelt, die im Zeitseriendiagramm als „Abwassersignal“ (blaue Linie) dargestellt wird. Für die Einschätzung der Lage und der Trendentwicklung wird das Abwassersignal den gemittelten kumulierten Fällen der letzten 7 Tage aus den Humantestungen der beobachteten Regionen gegenübergestellt („Humansignal“, orange Linie). Bei der vergleichenden Interpretation sei darauf hingewiesen, dass Trendunterschiede durch mehrere Faktoren gleichzeitig verursacht sein können wie z.B. geänderte Teststrategien oder Änderungen im Variantenspektrum, die veränderte Virenausscheidungen in das Abwasser etc. mit sich bringen können.
Das Nationale Abwassermonitoringprogramm liefert Informationen zur Einschätzung der Pandemielage. Die Beobachtung der zeitlichen Entwicklung des Abwassersignals ermöglicht das Erkennen von Trends, insbesondere der Zunahme, der Abnahme oder des Gleichbleibens der Virenfracht. Für die Ermittlung des aktuellen Trends entwickelten Schweizer Wissenschaftler:innen einen Trendindikator, der ähnlich wie die bei den Humantestungen verwendete effektive Reproduktionszahl berechnet wird. Diese Methodik wurde für die Trendanalyse im Rahmen des Nationalen Monitoringprogramms adaptiert. Der Trendindikator wird auf Basis der zuletzt ermittelten Virenfrachten („Abwassersignal“, siehe oben) berechnet. Er gibt Auskunft über die zuletzt beobachtete zeitliche Entwicklung der Gesamtvirenfracht. Ein Trendindikator größer als 1 zeigt einen Anstieg der Virenfracht an. Gleichbleibende Virenfrachten ergeben einen Trendindikator von 1. Bei einer rückläufigen Virenfracht kommt der Trendindikator unter 1 zu liegen.
Referenz: Huisman JS, Scire J, Caduff L, et al. Wastewater-Based Estimation of the Effective Reproductive Number of SARS-CoV-2. Environ Health Perspect. 2022;130(5):57011. doi:10.1289/EHP10050